Am 18. August haben in Kasachstan Parlamentswahlen stattgefunden. Es waren vorgezogene Wahlen, weil aufgrund von Verfassungsänderungen der Staatspräsident die untere Parlamentskammer aufgelöst hatte. Geändert wurde in der Verfassung u.a. das Wahlsystem zugunsten der Verhältniswahl. Auch wurde die Zahl der Abgeordneten von 77 auf 107 erhöht. Eine weitere Veränderung ist die Möglichkeit der Mandatsverlängerung und des Parteivorsitzes für den seit 15 Jahren amtierenden Präsidenten Nasarbajew.Auf Einladung der Regierung der Republik Kasachstan hat die OSZE/ ODIHR (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa / Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte) am 13. Juli eine Wahlbeobachtermission entsendet. Die Mission bestand aus einem 17-köpfigen internationalen Steuerungsteam, 36 Langzeitbeobachtern (LTOs) und 400 Kurzzeitbeobachtern (STOs) aus 26 OSZE-Mitgliedstaaten. Aufgabe der für eine Woche landesweit eingesetzten STOs war, den Verlauf des Wahltags in den Wahllokalen und regionalen Kommissionen zu monitoren. Beobachtet wurden fünf aufeinander folgende Phasen: die Öffnung der Wahllokale, die Wahlperiode, die Stimmenauszählung, der Transfer des Wahlmaterials zur regionalen Wahlkommission und die Tabellierung der Ergebnisse. Wahlbeobachter schauen hierbei zu, dürfen den Wahlverlauf jedoch nicht aktiv beeinflussen, bei Wahlbetrug also weder eingreifen noch kommentieren.
Die Bundesrepublik hat insgesamt 40 der 400 STOs gestellt. Als eine von ihnen konnte ich am Wahltag neun Wahllokale in der Region Mangistau/ Tupkaragan besuchen. Tupkaragan liegt am Kaspischen Meer und ist bekannt für seine Öl- und Gasindustrie. Trotz der aufblühenden Industrie ist die wüstenartige Landschaft hier bisher nur dünn besiedelt. Die lokalen Wahlkommissionen bestehen zum großen Teil aus älteren Dorfbewohnern und die Wählerschaft auch. In den meisten Lokalen dieses Gebietes verlief die Wahlphase den Regeln entsprechend. Nur bei der Stimmenauszählung und Erstellung der Wahlprotokolle gab es technische und arithmetische Schwierigkeiten.
Was die Wahlen auf Landesebene betrifft, kam die Leitung der OSZE-Mission am Sonntag auf ihrer Pressekonferenz in Astana zu folgenden Schlüssen: Trotz Fortschritten im Vergleich zu den Wahlen von 2004 seien internationale Standards nicht erfüllt worden. In über 40 Prozent der beobachteten Wahllokale wurden Mängel und Intransparenz bei der Stimmenauszählung verzeichnet. Ebenfalls wurden die Veränderungen in der Verfassung als undemokratisch bewertet.
Erfreulich war, dass die Wahlen insgesamt ruhig verlaufen sind. Die endgültigen Ergebnisse sind am Donnerstag zu erwarten. Aber schon jetzt hat die zentrale Wahlkommission mitgeteilt, dass die republikanische Partei des Präsidenten Nasarbajew „Nur Otan“ mit ca. 90 Prozent der Stimmen alle Sitze im Unterhaus gewonnen habe. Keine der sechs anderen Parteien habe die für den Einzug ins Parlament nötige Sieben-Prozent-Hürde übersprungen, sodass im neuen Parlament künftig nur noch eine einzige Partei sitzen würde.
Die insgesamt kritische Bewertung der Wahlen in Kasachstan steht im Widerspruch mit der Mühe und Sorgfalt, die in den Wahllokalen im ländlichen Tupkaragan zu beobachten waren. Mühe und Sorgfalt auf dem Land scheinen sich im Wahlendergebnis nicht ausgezahlt zu haben und im einseitigen Machtkampf in der Hauptstadt Astana und in den Provinzhauptstädten ohne Wert zu sein.
Die Beurteilung der OSZE/ ODIHR sowie anderer vorwiegend internationaler Berichterstatter zeigt, dass Kasachstan noch einen weiten Weg in Richtung konsolidierte Demokratie zu gehen hat. Für detailliertere Informationen zum Land und den Wahlen empfiehlt sich die Website der OSZE/ ODIHR:
http://www.osce.org/odihr/item_1_25959.html
